Weg mit den Bettlern – oder besser weg mit der Armut?

Inländer dürfen, Ausländer nicht: Bettelei im Wiener Stadtgebiet

Wien wird zunehmend sauberer. Das ist auch gut so. Die Hundstrümmerlbeseitigung funktioniert – gemessen an den Zuständen vor zehn Jahren – sehr gut. Auch die Anzahl der ausgespuckten Kaugummis ist fühlbar gesunken und Papierln fliegen auch weniger herum. Was jetzt stört, und zwar das „Stadtbild“, das sind die Bettler. Der „Bettlermafia“ wird nun also der Kampf angesagt. Das Rezept: Strafen. Bis zu 700 Euro kostet das Vergehen oder bis zu einer Woche Knast.

SPÖ und ÖVP streiten, wer zuerst die gute Idee hatte. Wahlkampfbedingt. Denn die Wiener wollen eine saubere Stadt, eine ruhige, und da passen die Frauen und Männer gar nicht mehr dazu, die in der Innenstadt in der Fußgängerzone sitzen, vor Supermärkten Zeitungen oder Broschüren anbieten oder mit ihren Behinderungen das Auge der Stadtspaziergänger beleidigen.

Die Bettler, die nach Wien kommen, um hier zu schnorren, die haben einen guten Grund das zu tun. Denn in den Heimatländern – viele kommen aus Rumänien, Bulgarien oder der Slowakei – haben sie nichts. Keine soziale Absicherung, keine Arbeitsmöglichkeiten, keine Chancen. Viele gehören der Volksgruppe der Roma an, auf die in unseren Nachbarländern Jagd gemacht wird. Von „Herrenmenschen“ mit stark erhöhtem „Nationalstolz“.

Diese Probleme, auch das sein zugegeben, sind also in Teilbereichen in unser schönes und wohlhabendes Österreich exportiert worden. Jetzt sind es die Bettler, vor wenigen Jahren waren es Kinder, die zum Stehlen nach halb Europa geschickt wurden. In Wien hat sich der Leiter der „Drehscheibe“, einer Einrichtung der Wiener Jugendämter, dieser Kinder angenommen.

Die Kinder waren von der Polizei angeliefert worden, verbrachten ein paar Stunden oder Tage im Ceipeks Krisenzentrum hauten dann wieder ab. „Minderjährige dürfen nicht festgehalten werden,“ sagt er. „Deshalb hatten wir keine Möglichkeit, die Kinder hier zu behalten.“  Es waren wie im Fall der Bettlergrupen Schlepper, die in den Herkunftsländern die Kinder von ihren Eltern „gemietet“ hatten, um sie in ganz Europa und auch in Wien stehlen zu schicken. Fiel eines der Kinder aus, dann wurde das älteste Mädchen der Gruppe kurzerhand zur Prostitution gezwungen, „um die Verluste“ wett zu machen.

Norbert Ceipek: Engagement in den Heimatländern geschleppter Kinder

Norbert Ceipek, der dieses Treiben nicht länger hinnehmen wollte, begann einen zunächst scheinbar aussichtslosen Kampf aufzunehmen. Er begann mit ministerieller Unterstützung in Rumänien und später auch in Bulgarien Krisenzentren vor Ort zu errichten und die Mitarbeiter nach Wiener Vorbild zu schulen.

Das Ergebnis: 2005 wurden in Österreich mehr als 700 Kinder geschnappt, 2006 nur mehr 319. „Seit März 2006 ist die Zahl rapide gesunken, weil jetzt die Betreuung vor Ort zu funktionieren beginnt“, ist Ceipek stolz. „Sicherheitspolitik ist Sozialpolitik, und die muss dort einsetzen, wo es Probleme gibt!“

Norbert Ceipek, der dieses Treiben nicht länger hinnehmen wollte, begann einen zunächst scheinbar aussichtslosen Kampf aufzunehmen. Er begann mit ministerieller Unterstützung in Rumänien und später auch in Bulgarien Krisenzentren vor Ort zu errichten und die Mitarbeiter nach Wiener Vorbild zu schulen. Das Ergebnis: 2005 wurden in Österreich mehr als 700 Kinder geschnappt, 2006 nur mehr 319. „Seit März 2006 ist die Zahl rapide gesunken, weil jetzt die Betreuung vor Ort zu funktionieren beginnt“, ist Ceipek stolz. „Sicherheitspolitik ist Sozialpolitik, und die muss dort einsetzen, wo es Probleme gibt!“

Mittlerweile betreut er immer weniger geschleppte Kinder in Wien, dafür aber die Sozialarbeiter in Rumänien und Bulgarien. Denn die wollen von seinem Know How profitieren. Ein Know How, dass vor allem den missbrauchten Kindern, aber auch der Sicherheit der Stadt Wien zu Gute kommt.

Diesem Vorbild zu folgen könnte auch im „Kampf gegen das Bettlerunwesen“, wie die Situation zynisch beschrieben wird, erfolgreich sein. Damit Wien dem Ruf gerecht bleibt, nicht die Armen, sondern die Armut zu bekämpfen. Auch grenzüberschreitend, denn was früher das durch einen tödlichen „Eisernen Vorhang“ als „feindliches Ausland“ getrennt war, ist jetzt Inland. Europäisches Inland halt.

Nachsatz: Den „inländischen“ Bettlern soll, wie man hört, nicht der Kampf angesagt werden…

[poll id=“5″]

Did you like this? Share it:
Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines, Ärgerliches, Menschen, Politisches abgelegt und mit

Schlagworte: Angst, Armut, ÖVP, Betteln, Bettlermafia, Gesetz, Politik, Polizei, Schlepper, Sicherheit, Soziales, SPOE, Stadt, Wien,

verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Weg mit den Bettlern – oder besser weg mit der Armut?

  1. ulli sagt:

    hallo! haben sie recherchiert, wie diese krisenzentren in bg und ru aussehen, würde mich sehr interessieren. mfg ulyanova

  2. admin sagt:

    Herr Norbert Ceipek hat nicht nur recherchiert, sondern tatkräftig mitgeholfen und kann die Erfolge ausgezeichnet dokumentieren…

  3. birgit sagt:

    Danke. Erlauben Sie mir eine Ergänzung zu ihrem Nachsatz: Den “inländischen” Bettlern soll, wie man hört, nicht der Kampf angesagt werden… das Bettelverbot trifft ebenso gebürtige ÖsterreicherInnen und v.a. Punks. Das verschärfte Wegweiserecht, eine Maßnahme um das Bettelverbot zu „vollziehen“, betrifft ebenso Drogenkranke (u.a. Aktionen am Karlsplatz) obdachlose Menschen und Prostituierte (v.a. im 15. Bezirk). freundlichen Gruß

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.