Wenn eine der schlagkräftigsten Konsumentenschutzorganisationen Heilerfolge mit geheimnisvollen Zeichen anpreist, ist Feuer am Dach. Weil sie dadurch jenen Abzockern hilft, vor denen sie eigentlich schützen sollte. Und weil sie dadurch auch die Gesundheit ihrer Mitglieder gefährden könnte, wenn diese ihrer Kammer blind vertrauen.
Bisher schien die Arbeiterkammer auch als Konsumentenschutzorganisation absolut untadelig zu sein. Viele Jahre lang hat unsereiner – als Redakteur der ORF-Sendungen „wir-Markt“ und später bei „Willkommen Österreich – Aufgedeckt“ – auch mit der Arbeiterkammer Niederösterreich zusammengearbeitet.
Dubiose Abzocker hatten durch diese Zusammenarbeit wenig zu lachen. In vielen Fällen landeten jene, die durch krumme Geschäfte mit Leichtgläubigen reich wurden, vor Gericht. In anderen Fällen machten die AK gemeinsam mit kritischen Medien diesen entbehrlichen Erscheinungen schnell ein Ende.
Das ist gut und richtig. Gut und richtig ist es auch, dass die Arbeiterkammern viel in die Information ihrer Mitglieder stecken, um sie vor Schaden zu bewahren. Mit Broschüren zu den Themen Arbeitsrecht, Konsumentenschutz, Mietrecht oder Gesundheitsvorsorge.
Ein Teil dieses Informationsangebots findet nun im Netz statt. Mit der Möglichkeit, Bücher, Broschüren und andere Publikationen gratis und virtuell zu beziehen oder zu entlehnen.
Was jedoch im Angebot unter dem Stichwort „Gesundheit“ zu finden ist, das müssen die Konsumentenschützer nun doch genauer erklären. Über ein Buch zum Thema „Medizin der Hildegard von Bingen“ kann man gerade noch diskutieren. Schließlich wurde das adelige Fräulein heilig gesprochen. Auch wenn ihre „Eingebungen“ einer kritischen Überprüfung durch medizinisch geschulte Wissenschafter nicht standhalten kann. Zum Beispiel jene, dass eine Salbe, hergestellt unter anderem aus dem Gehirn von Geiern, gegen schwere Krankheiten wie multipler Sklerose, wirksam wäre.
Nicht diskutieren hingegen kann man über den Unsinn, dass „auf die Haut gemalte Zeichen“ heilende Wirkung haben. Außer jener, die man auch mit anderen Placebos ebenso erreichen kann. Als „Neue Homöopathie“ wird dieser medizinische Unsinn bezeichnet, den – so der Werbetext für das Buch – bereits „die Ureinwohner Amerikas und Australiens im Sinne ritueller Körperbemalung“ kannten und anwendeten. Und zwar „gegen Allergien bis Zahnschmerzen“.
Wie so oft müssen die Ureinwohner fremder Kontinente oder Menschen aus der Jahrtausende alten Vergangenheit herhalten, um diesen unter bestimmten Umständen gefährlichen Unsinn zu „beweisen“. Gefährlich deshalb, weil Menschen oft dazu neigen, ihre echten Krankheiten mit den Methoden der Quacksalber, selbst ernannten Schamanen, Hexen und Weisen zuerst selbst zu behandeln oder deren Rat einholen und erst dann ärztliche Hilfe suchen, wenn es zu spät ist. Was mitunter tödlich enden kann, wie Medienberichte immer wieder eindrucksvoll beschreiben.
Auch in den Ordinationen der Ärzte kennt man diese Phänomene gut. Nierenbeckenentzündungen sind oft auch die Folge eines mit allerlei dubiosen Methoden „behandelten“, aber zu Beginn relativ harmlosen Harnwegsinfekts, der mit „Naturheilmitteln“ solange erfolglos behandelt wird, bis schwere Komplikationen entstehen. Oder, wie es in den 80er-Jahren Tirol geschehen ist, dass eine Frau statt Insulin zu injizieren auf die empfohlene „Heilkraft aus der Apotheke Gottes“, nämlich der Herbstwurzel des Löwenzahns umgestiegen ist, weil diese ebenfalls „einen hohen Insulingehalt“ hätte, wie die Buchautorin behauptet hatte. Was diese verwechselt hat, denn es ist ein hoher „Inulin-Gehalt“, der diesen Teil der Pflanze auszeichnet.
Im bei der Arbeiterkammer erhältlichen Buch allerdings sind es keine pflanzlichen Wirkstoffe, die heilen helfen, sonder acht geheimnisvolle Zeichen. „Es handelt sich um Striche in einer bestimmten Anordnung, um das Sinus-Zeichen, das Ypsilon-Zeichen, das Kreuz und den Kreis“, kann man als Empfehlung für dieses entlehnbare Buch lesen. Das man um wohlfeile 8,50 Euro als e-Book auch kaufen kann.
Ebenfalls im entlehnbaren Angebot der Arbeiterkammer: „Bewusstseinsverändernde Pflanzen von A – Z“ aus dem Springer-Verlag. Das kostet – in der gedruckten und gebundenen Ausgabe – allerdings knapp 190,- Euro. Von Selbstversuchen ist allerdings abzuraten, auch wenn dieses Buch als seriöse Fachliteratur einzustufen ist.
Hallo Christian,
ich finde Deinen Blogbeitrag gut. In der FB-Gruppe (Du weißt welche) war wohl gerade Vollmond oder Vormontagsdepression unterwegs 😉
Gruß J.
Wie war die Stellungnahme der AK dazu?
verweist auf: Offener Brief an die Arbeiterkammer