Asyldebatte: dümmliche Effekthascherei

Eigentlich ist das Thema ja nicht für das „Gesudere“ geeignet, sagt Freund F. Was sich allerdings derzeit abspielt ist derart degoutant, dass unsereiner es dennoch zum Gesudere macht. Über Politikschaffende aller Couleurs, über Gesetze und Verordnungen, aber auch über Mitmenschen.

2004: Der ehemalige Innenminister spendet einem Wiener Flüchtlingheim einen Tischtennis-Tisch. © Christian M. Kreuziger

2004: Der ehemalige Innenminister spendet einem Wiener Flüchtlingheim einen Tischtennis-Tisch. © Christian M. Kreuziger

Nein, hier wird nicht auf die falschen Zahlen eingegangen, die von den rechtsrechten Politikschaffenden und deren nicht von der Muse der Intelligenz geküssten Parteigänger verbreitet werden. Es ist auch eigentlich egal, ob Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet oder vertrieben worden sind, 40,- Euro Taschengeld pro Monat bekommen oder 200,-.

Denn dieses Geld ist für die Republik ja nicht verloren. Im Gegenteil, es profitieren die örtlichen Greißler, Trafikanten, Supermärkte oder die heimischen Telefongesellschaften, bei denen dieses Geld landet. Und über Umwege kommt ein Teil auch wieder ins Säckel des Staates. Zumindest über die Mehrwertsteuer.

Ebenso landet jene Summe, die für Quartiere und Lebensmittel ausgegeben wird, unmittelbar in der heimischen Wirtschaft. Dass das nicht viel ist, wissen alle Beteiligten. Dennoch ist auch dieses Geld nicht verloren.

Was ebenfalls auffällt: Die unterschiedlichen Wahrnehmungen breiter Teile der Gesellschaft. Je weniger Kontakt die Menschen zu jenen haben, die auf ihrer Flucht bei uns gestrandet sind, desto größer die Ablehnung. Aber das kennt man ja auch aus der grauenvollen Zeit des dritten Reiches. Auch damals war die Judenfeindlichkeit dort am größten, wo man niemals einen Menschen dieser Religion gesehen hatte.

Erschwerend, und das muss man allerdings zugestehen, sind die Sprachbarrieren. Weil fremde Sprachen mitunter nicht nur fremd, sondern sogar bedrohlich klingen, entstehen Ängste.

Wer jemals den sehr ausgeprägten und extrem blumig-höflichen Begrüßungsritualen von Iranern zugehört hat, weiß was gemeint ist. Der Tonfall klingt bedrohlich, der Inhalt hingegen bedeutet das Gegenteil.

Auch daran sollte man denken, ehe man pauschale Urteile abgibt.

Dass dennoch vieles bei der Betreuung diese geflüchteten oder aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen im Argen liegt, wissen alle, die damit zu tun haben.

Die von der Republik beauftragte Betreuungsfirma muss auf Gewinn orientiert arbeiten. Dass man nicht auf die Leistungen der heimischen Hilfsorganisationen zurückgegriffen hat, erstaunt zwar den gelernten Österreicher nicht, bedenklich ist es jedoch allemal. Dennoch leisten die meisten der dort (schlecht bezahlten) Mitarbeiter gute Arbeit. Die nicht immer leicht ist.

Dass man sich sträubt, wenigstens Teile des Arbeitsmarktes für diese geflüchteten Menschen zu öffnen, ist zwar teilweise nachvollziehbar, menschlich ist es nicht. Wobei es dabei nicht um „rührseliges Gutmenschentum geht“, wie das manche missbräuchlich in der politischen Propaganda verbreiten, sondern um simple Sicherheitspolitik.

Das wollen diese Politikschaffenden offenbar gar nicht wissen. Oder sie sind einfach zu wenig intellektuell, um zu erkennen, dass gute Sicherheitspolitik vor allem eine gute Sozialpolitik ist.

Dass junge Männer, die nach anstrengender Flucht unter extremen Bedingungen plötzlich zum Nichtstun verdammt sind, hilft ebenfalls weder ihnen noch der Gesellschaft. Das zeigen sämtliche Studien mit Arbeitslosen. Besonders eindrucksvoll ist jene aus dem Jahr 1933: „Die Arbeitslosen von Marienthal.“ Die gehört mittlerweile zum Lehrplan jedes Soziologiestudenten.

Warum sollen sie also nicht arbeiten, die jungen Männer, die zu uns geflüchtet sind? Zu tun gäbe es genug. Zum Beispiel könnten sie, wie das jeder Grundwehrdiener kennt, durchaus zum Renovieren der Quartiere, für Reinigungsdienst und andere Tätigkeiten herangezogen werden. Nicht mit Zwang, denn das wäre Sklaverei. Man darf allerdings mit Sicherheit davon ausgehen, dass die meisten das durchaus gerne und freiwillig tun würden. Auch in den Haftanstalten zählt ein Arbeitsplatz schließlich nicht als Strafe, sondern wird als Belohnung empfunden.

Was ebenfalls auffällt: Für das gegenseitige Verstehen wäre es angebracht, dass sich auch Menschen jener Länder und Ethnien verstärkt einbringen, die bereits lang im Land sind und als integriert gelten. Auch das würde in hohem Maß helfen, die Probleme bei der Betreuung zu minimieren. Zum Beispiel als Übersetzer bei medizinischen Behandlungen, bei Behördenwegen oder einfach im Alltag.

Da sind die „Communitys“ gefordert, die schon lange und integriert im Land leben. Allerdings, so ist zu vernehmen, halten sich diese Gruppen zurück. Aus welchen Gründen auch immer.

Was nicht sein darf ist allerdings, dass sich der Staat soweit zurückzieht, dass die Hauptarbeit von ehrenamtlich tätigen Menschen übernommen wird. Weil dadurch weder die Kontinuität noch die Professionalität garantiert werden kann. Vor allem dann, wenn es um heikle Bereiche des Lebens geht. Bereiche wie Vorbildung, Traumatisierung, kulturelle Unterschiede und Sprachausbildungen.

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