Fotografen: Das Warten auf die neue Freiheit

Das streng geregelte Gewerbe der Fotografie soll, so ein Entwurf des Wirtschaftsministeriums, endlich ein wenig freier werden. Wer sich als Fotograf einen Gewerbeschein löst, soll bald alles fotografieren dürfen. Das ist derzeit nicht erlaubt. Pressefotografen jubeln, manche Vollfotografen lamentieren und die Ministeriumsbürokratie hat offenbar wenig Ahnung von digitaler Fotografie.

Fotografie soll endlich ein freies Gewerbe werden, das gefällt manchen jedoch gar nicht. © Christian M. Kreuziger

Derzeit ist eine Änderung der Gewerbeordnung „in Begutachtung“, die auch das Gewerbe der Fotografie betrifft. Konkret geht es darum, die bereits von der Realität längst überholten „Vurschriften“ zu beseitigen, nach der sich bereits seit Jahrzehnten vor allem Pressefotografen strafbar gemacht haben. Der Hintergrund: Pressefotografen dürfen zwar alles fotografieren, allerdings nur für periodisch erscheinende Druckwerke und vergleichbare Medien. Also keine Hochzeiten gegen Bezahlung, auch wenn ihr Stil dem Brautpaar noch so gut gefällt, während der örtliche Meisterfotograf nur Retro-Aufnahmen im Stil der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts zusammenbringt. Vielleicht sogar in zweifelhafter Qualität. Oder das Portraitfoto des Vorstandsvorsitzenden für den Geschäftsbericht oder die Aufnahmen des futuristisch anmutenden Schrebergartenhauses für die Homepage des Architekten.

Die neue Gewerbeordnung sieht nun vor, dass die Fotografie generell ein freies Gewerbe werden soll, für das kein Befähigungsnachweis erbracht werden muss. Das entspricht auch geltendem EU-Recht. In Zukunft genügt es, einen Gewerbeschein zu lösen und kann munter zu arbeiten beginnen. Mit allen Begleiterscheinungen, wie der Pflichtmitgliedschaft bei der Innung und der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft.

Das ist gut und richtig, zumindest in den Augen jener, die bereits seit langer Zeit dafür kämpfen, mit guter Leistung ihr Geld verdienen zu dürfen. Eigenartig mutet allerdings ein Teil der Begründung der Ministerialbeamten an. Im Begleitschreiben für die Begutachtung wird vermerkt:

„Für die Ausübung der analogen Fotografie waren noch bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse notwendig, um korrekt entwickelte Abzüge mit Hilfe von Chemikalien auf Fotopapier bringen zu können. Dies trifft auf die mittlerweile umfassend verbreitete Technologie der digitalen Fotografie nicht mehr zu. Die Herstellung von (guten) Bildern und ihre Verbreitung sind daher auch technisch nicht mit hohen Anforderungen mehr verbunden. Eine Reglementierung des Berufsfotografengewerbes ist vor diesem Hintergrund nicht mehr rechtfertigbar.“

Das ist – mit Verlaub – ministerieller Unsinn. Da scheinen die Damen und Herren Verfasser des Textes wohl auf die eigenen Erfahrungen beim Urlaubsknipsbildverschicken zurück gegriffen haben. Das nötige Equipment für die digitale Bearbeitung ist ebenso teuer wie die gute alte Dunkelkammer, die Fotoapparate im digitalen Zeitalter kosten mehr als die analogen, man muss mehr Kenntnisse erarbeiten und sich immer öfter und intensiver weiterbilden als früher und viele Berufs- und Pressefotografen beherrschen auch die analoge Fotografie nach wie vor.

Richtiger – und vor allem ehrlicher – wäre es gewesen, die Realität zu zitieren. Nämlich jene, dass ernsthafte Fotografen aus allen Teilbereichen des derzeit anachronistischen Systems selbstverständlich die gleiche Qualität liefern, egal ob sie Presse- oder Familien oder Produktbilder anbieten. Dass neben dem fotografischen Auge auch die Ausrüstung eine Rolle spielt, ist mittlerweile auch jedem ambitionierten Amateurfotografen klar. Weil man ohne Blitzanlage bestimmte Studioaufnahmen einfach nicht machen kann. Ohne teure Spezialobjektive keine guten Architekturaufnahmen. Oder ohne lichtstarken Teleobjektive keine Sport- und Naturaufnahmen.

Dass manche Vollfotografen dennoch gegen die neue Freiheit der Fotografen Sturm laufen, ist nachvollziehbar. Weil es verständlich ist, dass Fotografenmeister oder von Behörden legitimierte Vollfotografen ihre wohlerworbene Rechte (alles fotografieren zu dürfen), nicht verzichten wollen. Allerdings ist das in der Realität ohnehin längst obsolet. Auch die Angst vor Preisdumping ist unbegründet. Weil auch die neuen Kollegen ihr Equipment werden verdienen müssen, um im Geschäft zu bleiben.

Gesetzentwurf

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Schlagworte: Österreich, Fotografie, Gesetz, Gewerbeordnung, Innung, Medien, Politik, Presse, Pressefoto,

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3 Antworten zu Fotografen: Das Warten auf die neue Freiheit

  1. Gerhard H. sagt:

    Das wichtigste ist, dass der Zugang frei wird. Selbst wenn es mit etwas eigenartigen Begründungen hergeleitet wird.

  2. Michael Fritscher sagt:

    …wer erwartet heutzutage noch, daß Politiker Tiefgang haben und wissen wovon Sie reden? Zum Glück wird die Erlangung des Vollfotografen einfacher, auch wenn´s sicher noch Monate dauern wird – wenn nicht noch länger!
    Und über die politischen Begründungen sollte man im Interesse der eigenen Gesundheit einfach hinweghören! Es gibt einen Grund warum es immer weniger Wähler in diesem Land gibt – auch die Initiative mehr Jungwähler anzusprechen ist kläglichst gescheitert. Das „Warum“ ist mehr als ein abendfüllendes Thema.
    Aber egal, Hautpsache man kann ein sehr interessantes Gewerbe einfacher erlangen! Profitieren werden schlussendlich ohnedies wieder die Klingelbeutel des Staates.

  3. Philipp sagt:

    Die Öffnung des Gewerbes ist auch ein ganz wichtiger Schritt um die Qualität der österreichischen Fotografie endlich weitreichend anzuheben. Es wird nicht nur mehr eine Einheitsmeinung abgeprüft, sondern es setzen sich die kreativsten Ideen durch. Wer innovativ ist, der wird belohnt. Wer immer noch Passbilder und Familienfotos vor einer langweiligen, kitschigen Leinwand macht, der wird (endlich) aus dem Markt gedrängt.

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