Was „rechtswidrig“ ist, bestimmt – Herr Darabos…

Der Minister für Sport und Landesverteidigung, Magister Norbert Darabos, hat seinen Generalstabschef abberufen. Mündlich. Das war Am 24. Jänner 2011.  Den dazugehörigen Bescheid, also das Amtspapier, hat er dem General allerdings erst am 24. August zustellen lassen. Mehr als 220 Seiten stark und zum letztmöglichen Termin. In einem ersten Schritt hat der General, der dagegen berufen hat, nun Recht bekommen. Das sieht das Ministerbüro jedoch anders.

[ad name=“Google Adsense“]

Auslöser war ein Interview im Magazin „Profil“, in sich der General für das Beibehalten der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen hat. Damit hat er dem Minister, der innerhalb eines halben Jahres seine Meinung gravierend geändert hat, widersprochen. Der hat nämlich, zeitgleich mit dem Wahlkampf in Wien und den dazugehörenden Forderungen der Kronenzeitung, plötzlich erkannt, dass ein „Freiwilligenheer“, also eine Berufsarmee, besser ist. Wahrscheinlich zwar nur für den Wahlkampf, aber das ist umstritten.

Norbert Darabos sieht sich bestätigt, auch wenn die Berufungskommision im Bundeskanzleramt die mündliche Abberufung seines Generalstabschefs als rechtswidrig bezeichnet. © Christian M. Kreuziger

Es ist das gute Recht von Politikern, ihre Meinung zu ändern. Das erwartet man heutzutage ja auch, vor allem in den diversen Redaktionen. Sonst ginge ja der Schreibstoff aus. Daher haben die Boulevardmedien, allen voran das kleine Blatt mit der hohen Auflage, den Minister unterstützt. Die ÖVP, deren wichtigste Vertreter lange die „Profitruppe“ statt der Wehrpflicht präferiert hat, entdeckt zeitgleich, dass auch sie sich geirrt haben muss und fordert: „Die Wehrpflicht muss bleiben.“

Nur der General, Chef des Generalstabes, bleibt halsstarrig bei seiner Meinung. In einem Interview äußert er Bedenken gegenüber den Plänen seines Ministers. Wenige Tage später war er seinen Job als Chef des Generalstabs los.

Edmund Entacher wäre nicht der erste höchstrangige aber missliebige Mitarbeiter, der von Ministern aus dem Amt entfernt worden ist. Das haben die Politiker aller Fraktionen bereits mit aller Härte gezeigt. Auch die Abberufung eines Generalstabschefs hätte – von ein paar medialen Nebengeräuschen abgesehen – keine große Aufregung verursacht. Dass dies in diesem Fall anders war, hat eine Reihe von Gründen, die Insider in der Personalauswahl des Ministers für sein Kabinett und im Umgang mit seinen ranghöchsten Mitarbeitern orten.

Wie im Ministerium kolportiert wird, war der Minister für seine Generäle und Abteilungsleiter monatelang nicht zu sprechen. Nicht einmal für die üblichen höflichen Vorstellungsbesuche. Sein Kabinettschef, Stefan Kammerhofer, soll hingegen ranghöchste Offiziere in einer Form behandelt haben, die bei Grundwehrdienern zu massiven Beschwerden und den dazugehörigen Skandalberichten führen würde. „Kasernenhofton in hoher Lautstärke“ sind dabei die harmloseren Vorwürfe, die man dem Milizunteroffizier Kammerhofer zuschreibt.

Formell war General Entacher bis 24. August Chef des Generalstabes. Nur auf seine "Dienstleistung" hat sein Minister verzichtet. © Christian M. Kreuziger

Ein anderer Grund, warum die Abbrufung Edmund Entachers nicht in der üblichen diskreten und wirksamen Form über die Bühne gehen konnte, liegt in der Person Entachers. Der General, der als Truppenoffizier bei seinen Soldaten und Grundwehrdienern über Jahrzehnte höchstes Ansehen erreicht hat, erwies sich als Mann mit Prinzipien. In seiner Meinung gegenüber dem geplanten „Freiwilligenheer“, aber auch gegenüber der Vorgehensweise bei seiner Abberufung.

Als Pech für den Minister und sein Büro haben sich – anders als in ähnlichen Fällen – mehr als 10.000 Edmund Entacher-Fans im sozialen Netzwerk „Facebook“ mit dem General solidarisiert und dadurch die mediale Aufmerksamkeit verstärkt.

Für den Minister und sein Kabinett, die offenbar nicht mit diesem massiven Widerstand gerechnet hatten, ein Fiasko. Denn unter den Fans des Generals befinden sich überraschend viele Genossen, die ihrem SPÖ-Minister den Gehorsam verweigern. Auch die Gründe, die eine Abberufung des Generalstabschefs legitimieren könnten, sind nach wie vor für viele nicht nachvollziehbar. Freie Meinungsäußerung, auch wenn sie der Meinung des Ministers widerspricht, ist schließlich eines der höchsten Güter unserer Gesellschaftsordnung. Also musste man – nachträglich – andere Gründe finden, um die mündliche Abberufung zu legitimieren. Das dauerte offenbar zwangsläufig etwas länger als geplant.

[ad name=“Google Adsense“]

Diese Gründe hat man zwar zusammen getragen, dafür waren allerdings sechs Monate nötig. Wahrscheinlich auch, um sie in eine juristisch entsprechende Form zu bringen. Gerüchten zufolge sollen die Vorwürfe allerdings teilweise „sehr originell“ sein. So habe der General angeblich nicht schnell genug angeforderte Zahlen an das Kabinett geliefert, ein Umweltprojekt nicht entsprechend herzhaft unterstützt oder militärische Erkenntnisse aus dem NATO-Bereich an einen Buchautor geliefert.

Die Feststellung der Berufungskommission im Wortlaut. Quelle: "Die Presse"

Die Berufung gegen die nach einem halben Jahr nachgelieferten „Gründe“ ist derzeit noch im Gang. Jene, die gegen die mündliche Abberufung ohne schriftlichen Bescheid, wurde nun in erster Instanz entschieden. Als „rechtswidrig“, wie die Kommission erkannt hat.

Das sieht man im Büro des Verteidigungsministers anders und interpretiert den Sachverhalt in einer Aussendung als „juristisch korrekt“:

„Wien (OTS/BMLVS) – Mit 23. September 2011 hat die Berufungskommission beim BKA die grundsätzliche Vorgangsweise des BMLVS im Fall Entacher bestätigt. General Entacher war bis zur Zustellung des Bescheides nicht von seiner Funktion abberufen, hatte keine finanziellen Nachteile und der Verzicht auf seine Dienstleistung als Generalstabschef war möglich. Lediglich die Legaldefinition „Abberufung“ in der Weisung wurde beanstandet.“

Im Klartext – aus der Sicht des Ministers – heißt dies: Die erste Wortwahl des Ministerbüros, also das Wort „Abberufung“, wurde zurecht beanstandet, der Vorgang an sich sei korrekt gewesen. Denn Edmund Entacher sei ja bis zum Zustellen des schriftlichen Bescheides weiterhin Generalstabschef gewesen. Nur auf seine Mitarbeit in dieser Funktion habe man verzichtet.

Das klingt nach geordnetem Rückzug. Ob der fortgesetzt wird, ist nun eine Frage der nächsten Berufungsverhandlung. Die wird spätestens im Dezember abgeschlossen sein.

[ad name=“Google Adsense“]

Did you like this? Share it:
Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines, Justiz, Medien, Menschen, Politisches abgelegt und mit

Schlagworte: ÖVP, Bundesheer, Edmund Entacher, facebook, Generalstab, Gesetz, Medien, Norbert Darabos, Politik, SPOE, Wahlkampf, Wehrpflicht,

verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..