Sportminister Norbert Darabos, auch für die Landesverteidigung verantwortlich, hat seinen Generalstabschef demontiert und sich dabei selbst schwer beschädigt. Die hektische Betriebsamkeit, die der Minister zeigt, verwechseln seine Fans mit professionellem Handeln. Die Folgen werden erst dann sichtbar sein, wenn er sein Amt längst nicht mehr ausüben wird.
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Heinz-Christian Strache hat allen Grund, die Korken knallen zu lassen. Der FPÖ-Chef, der sich gerne als Bewahrer der Neutralität, des Christentums und neuerdings auch als Bewahrer des Bundesheeres versteht, hat einen schwergewichtigen Gegner weniger: Edmund Entacher. Einen General, der zumindest bei seinen ehemaligen Untergebenen aller Dienstgrade höchstes Ansehen genießt, wurde von Straches Erzfeind Darabos demontiert. Auslöser war ein Interview im Magazin „profil“, bei dem sich der Generalstabschef ganz soldatisch und in Ansätzen sogar diplomatisch für das Fortsetzen des derzeitigen Systems der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen hat. Darabos musste handeln und ein Zeichen setzen: die Demontage des Generalstabschefs.

Sportminister Darabos demontiert den Generalstabschef, vergleicht Soldatenvereinigungen mit einem kleinen Fußballklub und rückt von den alten sozialdemokratischen Prinzipien ab. © Christian M. Kreuziger
Darabos zu unterstellen, dass so ein Vorgang noch nie vorgekommen wäre, ist naiv. Bei jedem Ministerwechsel gab es Personalrochaden, das Heer wurde „umgegliedert“, um Kommandanten loszuwerden und um neue Dienstposten für die Angehörigen der eigenen Fraktion zu schaffen. Das ist auch legitim, schließlich gilt es, die eigenen politischen Vorstellungen auch umzusetzen. Dennoch hat Norbert Darabos bereits kurz nach seinem Amtsantritt gravierende Fehler gemacht. Höchstrangige Offiziere und Beamte des Ressorts warteten vergeblich auf Termine für Antrittsbesuche oder um Bericht zu erstatten. Darabos wurden – bei allen Vorbehalten – anfangs auch durchaus Sympathien entgegengebracht. „Der Minister hat eine gut gestimmte und große Orgel zur Verfügung, er muss sie nur spielen“, meinte etwa ein hochrangiger Offizier im Gespräch mit dem Autor einige Monate nach der Amtsübernahme durch den Burgenländer. Darabos spielte aber nicht die Orgel. Er erweckte vielmehr den Eindruck, sich für sein Ressort überhaupt nicht zu interessieren.
Darabos hat „die Orgel Bundesheer“ verstimmt
Sein Führungsstil, als Desinteresse an den Mitarbeitern empfunden, führte in der Folge dazu, dass die „Orgel Bundesheer“ verstimmt wurde. Auch dadurch, dass erstmals ein Minister den Eindruck erweckte, nicht um die finanziellen Mittel für sein Ressort zu kämpfen, sondern – vorauseilend gehorsam – mit harten Sparvorgaben konfrontierte.
Zu den Sparmaßnahmen des Ministers gehörte, zumindest wurde dies in der Öffentlichkeit so verkauft, der Abbau von Mitarbeitern im Ministerium. Das brachte zwar kein Geld, aber immerhin ein paar lobende Erwähnungen in einigen Medien. Dass diese Mitarbeiter als bezahlte „weiße Elefanten“ funktions- und orientierungslos an Scheinaufträgen arbeiteten und dies teilweise noch tun, das blieb in der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt.
Darabos bricht mit SPÖ-Traditionen
Parallel arbeitete der Minister, so wie alle seine Vorgänger zuvor, an einer „Heeresreform“. Wie manche nun munkeln an einer, die zwangsläufig zu einem Berufsheer, verstärkt durch „Freiwillige“, führen wird. Damit bricht Darabos mit der traditionellen Position der Sozialdemokraten. Wie in der österreichischen politischen Kultur nicht anders zu erwarten war sind nun jene, die vor Darabos für ein Berufsheer eingetreten sind, nun strikt dagegen. Und manche „Genossen“ sind plötzlich dafür. Aber das ist die kleine Pikanterie am Rande. Eine realpolitische österreichische Randnotiz eben.
Dass unser Heer reformiert gehört, ist selbst ressortintern nicht umstritten. Jeder kennt die Schwächen, die meisten resultieren aus der Vergangenheit. Knappes Budget, politisch motivierte Fehlkäufe, durch sprunghaft wechselnde politische Vorgaben demotivierte Mitarbeiter. Zu diesen demotivierten Mitarbeitern sind auch die Kaderangehörigen der Miliz zu zählen, die seit Günther Platters Amtszeit zwar noch Dienstgrade führen dürfen, aber kaum mehr Aufgaben haben. Viele dieser Milizangehörigen setzten anfangs in Darabos die Hoffnung, das scheintote Milizsystem zu reanimieren. Doch Darabos schien andere Pläne zu haben und ignorierte auch die Miliz. Deren Vertretungen er – ganz Sportminister – am 24. Jänner 2011 mit dem „SC Kroatisch Minihof“, einem kleinen Fußballverein, vergleicht. Dass sowohl die Gesellschaften der Offiziere und Unteroffiziere und auch der Milizverband dagegen Sturm laufen, ist nachvollziehbar. Auch der Samariterbund oder das Rote Kreuz würden sich gegen diesen Vergleich zur Wehr setzen.
Soldaten wollen kein „Fußballklub“ sein
Möglicherweise erreicht Norbert Darabos sogar das Ziel, die Wehrpflicht auszusetzen oder sogar abzuschaffen. Ein Ziel, das scheinbar auch Bundeskanzler Werner Faymann, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und einige andere Sozialdemokraten, in seltener Einigkeit mit Josef Bucher vom BZÖ, verfolgen. Was Sportminister Darabos, der die Standesvertretungen von Soldaten mit dem Fußballklub seiner knapp 380 Seelen zählenden Heimatgemeinde vergleicht, sicher erreicht hat: den Schulterschluss vieler tausend Soldaten aller Dienstgrade aus dem aktiven Stand, der Miliz und der Reserve, quer über alle Parteigrenzen hinweg.
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Eigentlich ist meine große Wut ob dieses altbekannten Vorgangs müßig.
Ein anerkannter Experte, noch dazu super-sympathisch, wird demontiert; what else is new?
Vielleicht nur, dass es hier einen an sich ’netten‘ Verteidigungsminister gibt, der noch mehr l*gt als alle vorher?
Vielleicht sollte man froh sein, dass diese schamlose Lüge der Immerwährenden Neutralität, diese kotzige Lebens-Lüge des Österreich nach ’45 immer offensichtlicher wird? Dann bliebe nur noch das Problem des widerlichen Stils, der uns etwas Älteren immer noch ein Anliegen ist; blöd, wie wir sind.
Und der Stil der SPÖ; so nahe war sie mir nie, wütend macht sie mich noch immer.
Mfg, Werner Otte, 5020 Salzburg
Ich bin zwar im selben Jahr geboren, wie unser untauglicher Verteidigungsminister, dennoch lege auch ich Wert auf einen gewissen Stil – insbesondere in der Politik.
Freilich war auch ich nicht glücklich, als ich vor vielen Jahren zum Heer einberufen wurde. Letztlich haben mir diese 8 Monate aber trotzdem was gebracht. Wir hatten damals mit der Spanocki-Doktrin allerdings auch noch eine klare Aufgabenstellung.
Ich kritisiere auch gar nicht so sehr die Debatte um Berufsheer kontra Wehrpflicht. Ebenso wäre mir die Absetzung eines führenden Soldaten/Beamten normalerweise keine schlaflose Nacht wert. Wäre da nicht eine Kleinigkeit: Darabos sagt seinem Heer nicht, wo seine Aufgaben liegen, verlangt aber eine Systemreform. Und ändert nebenbei – je nach Wetterlage – seine Ansichten. Das alles geht so nicht. Und daher finde ich die Reaktion von General Erlacher als sehr erfrischenden Wind in der politischen Arena heutiger Tage. Rückgrat in einer Zeit voller Weicheier, das hat was.
Und zum allerersten, wahrscheinlich aber auch schon wieder allerletzten Mal, freue ich mich über Beamtengewerkschafter Neugebauer. Darabos, da kannst dich warm anziehen 😉