Glasiger Fisch ist wie viele Dichterlesungen. Meistens grauslich.

Es ist zwar nur eine Vermutung, dass Modetrends wie glasiger Fisch oder rohes Fleisch oft von einer Art Missgeschick ausgelöst werden, aber die Indizien sprechen dafür. Was das gemeine Volk nicht daran hindert, diese Erscheinungen heftig zu kopieren. Oft mit Begeisterung.

[ad name=“Google Adsense“]

Glasiger Fisch ist zwar in Mode, aber nicht bei allen beliebt. Wer die Meerestiere roh will, isst ohnehin lieber Sushi. Oder "Beef tartare", wenn es fleischlich und roh sein soll. © Christian M. Kreuziger

Egal ob in der Kochsendung oder im Beis’l ums Eck: Man wird zunehmend mit fast rohem Fleisch, ungegartem Gemüse oder glasigem Fisch konfrontiert. Dieser Trend, der scheinbar nicht aufzuhalten ist, findet immer mehr Anhänger. Das ist, mit Verlaub erwähnt, eigentlich grauslich.

In unseren Breiten, mit den strengen Lebensmittelgesetzen und den häufigen Kontrollen spielt es wahrscheinlich nur eine eher unbedeutende Rolle, wenn das Essen fast roh auf den Tisch kommt. Es müssen kaum mehr Bakterien durch Hitze unschädlich gemacht werden, Trichinen findet man eher auch nicht mehr und im Gegensatz zu früheren Zeiten können die Alten mit den neuen dritten Zähnen auch das knackige Gemüse noch halbwegs kauen.

Dennoch hat, seit der Erfindung des Feuers zumindest, der Mensch als Spezies sein Futter durch thermische Einwirkung erst genießbar gemacht. Unser Verdauungstrakt hat sich in den hunderttausenden Jahren ebenso an die behandelte Ernährung gewöhnt und entsprechend adaptiert wie unser Gebiss. Angeblich, so neuere Studien – die man allerdings wie alle anderen auch mit Vorsicht betrachten sollte – ist Gekochtes, Gebratenes oder Gegrilltes besser für unseren Körper geeignet als das rohe und in Mode gekommene Zeug.

Am Beispiel der „knackigen“ Fisolen, bei unseren nördlichen Nachbarn „Grüne Bohnen“ genannt, lässt sich das recht gut nachvollziehen. Roh genossen verursachen sie ziemliches Bauchweh. Weil eine Eiweißverbindung in diesem Gemüse ein wenig giftig ist und erst durch Hitzeeinwirkung unschädlich gemacht wird.

Bei vielen Gemüsen verändert sich, ebenso wie bei Fisch und Fleisch, der Geschmack durch die Art der Zubereitung. Das ist zwar individuelle Geschmacksache, aber durch das mediale und sonstige Trommelfeuer ist man heutzutage schon allein dadurch stigmatisiert, wenn man sein Fleisch durchgebraten, den Fisch nicht halb roh und das Gemüse nicht fast ganz roh genießen will.

Aber der Trend ist derzeit eben allgegenwärtig, und was in Restaurants oder bei privaten Einladungen auf den Tisch kommt, entspricht eben dieser Modeerscheinung. Ob man will oder nicht.

Wahrscheinlich, so eine Theorie, hat irgendein berühmter Koch irgendeinem Gastrokritiker halbrohes Essen serviert, das diesem geschmeckt hat, weil es neu und ungewohnt war. Der Feinschmeckerschreiber hat das dann wahrscheinlich publiziert und seitdem glauben alle, dass das so sein muss.

Ähnlich wie bei den Dichterlesungen, die scheinbar alle in diesem eigenartigen Sing-Sang vorgetragen werden. Das hat wahrscheinlich den Ursprung in einer Autorenlesung, zu der ein Verlag den Dichter gezwungen hat. Weil der Autor – wahrscheinlich – schon bekannt, aber in der Kunst des Lesens ungeübt war, entstand eben dieser Trend. Weil alle denken, dass muss so sein. Weil es ein bekannter Dichter auch so gemacht hat.

[ad name=“Google Adsense“]

Did you like this? Share it:
Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines, Gastronomie, Medien, Menschen, Rätselhaftes abgelegt und mit

Schlagworte: braten, Dichterlesung, Essen, Feuer, Fleisch, Gastronomie, Glasiger Fisch, kochen, Kochsendungen, Lebensmittel, Mode, Restaurant, Trend, Zwangsbeglückung,

verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Glasiger Fisch ist wie viele Dichterlesungen. Meistens grauslich.

  1. Hugo Gold sagt:

    de gustibus non est disputandum, gusta und watschen sind halt verschieden. ich ich mag, gut zubereitet und gute qualität vorausgesetzt sowohl glasigen als auch rohen fisch, nicht nur meeresfisch sondern auch süßwasserfisch. ein frischgefangener roher saibling, dünn geschnitten, nur mit salz und zitrone ist eine wahre köstlichkeit. rohes rindfleisch (carpaccio, tartare) ebenso. auch wenns dem suderer nicht schmeckt, egal, mir schon

  2. Gunter Hilprecht sagt:

    Ich hasse glasigen Fisch , dass ist widerlich, würd ich zurückgehen lassen. ( Wenn man es sagt vorher bekommt man ihn natürlich durchgegart), erntet aber merkwürdige Blicke.
    Ach so, ja, ich bin Berufskoch 😀

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..