Wien-Brigittenau: Polizei „stürmt“ Urologen-Praxis

Wahrscheinlich steht im Tagesbericht der Polizeibeamten: Streitschlichtung. Vielleicht aber auch nicht, dann allerdings wird der Herr Dr. Friedrich K., Facharzt für Urologie, angezeigt. Weil er die Sanitäter angeblich von einem „Blaulichteinsatz“ abgehalten hat. Vielleicht, so haben es möglicherweise die Herren von der Sanität dargestellt, von einem Lebensrettenden.

Beim Urologentreffen jedenfalls, einer Fortbildungsveranstaltung mit anschließendem Abendessen, hat der Herr Dr. Friedrich K. aus Wien erzählt, dass er „fast festgenommen“ worden wäre. Dabei hat er zwar geschmunzelt, wurscht war ihm der Polizeieinsatz in seiner Ordination jedenfalls nicht. Dann hat er die Vorgeschichte erzählt, und dann waren die Damen und Herren Urologinnen und Urologen ziemlich entrüstet, ziemlich verärgert und auf dem besten Weg, eine „Anti-Sanität-Selbsthilfegruppe“ zu gründen. Weil so Erlebnisse, wie es der Herr Dr. K. beschrieben hat, die haben sie auch. Regelmäßig.

Wenn Patienten, die gehunfähig, verwirrt oder anders beeinträchtigt sind, werden sie von der Sanität im Tragsessel oder manchmal auch auf einer Trage in die Ordinationen gebracht. Dann wollen die Herren Sanitäter (Frauen sind sehr selten dabei) „den Stempel“ für die Bestätigung, setzen die Patienten in einen Sessel – und vertschüssen sich. Wegen eines Einsatzes, der in manchen Fällen aber nur bis zum nächsten Würstelstand führt. Da hilft kein Bitten, doch kurz zu warten, weil diese Patienten ohnehin sofort drankommen, auch kein Hinweis, dass es in der Ordination keinen Rollstuhl und auch nicht genug Personal gibt, um diese Patienten optimal zu betreuen.


Die Herren Sanitäter berufen sich auf „Vorschriften“, auf „bestellte Einsätze“ oder sonst was. Wie auch am 18. Februar beim Herrn Dr. Friedrich K. in Wien. Der hat die Herren in ihren schmucken Uniformen vor die Wahl gestellt: Entweder ein paar Minuten warten oder gleich, und zwar mit dem Patienten, in die nächste Ambulanz zu fahren. Das haben die Herren Sanitäter nun nicht akzeptiert und stattdessen die Polizei gerufen. Und die kam, und das gab viel Aufregung in der Ordination. Da hatten die Sanitäter dann plötzlich sehr viel Zeit, um sich über den Herrn Doktor zu beschweren, und den angeblichen Blaulichteinsatz, nun, denn mussten sie dann doch absagen.

Die Urologinnen und Urologen jedenfalls, die wollen keine Patienten in solchen Situationen mehr in der Ordination betreuen, wenn die Sanitäter so unkooperativ sind. Denn das, so sagen sie, können sie den Patienten, die dann allein, hilflos und ohne Rollstuhl oder Betreuung in der Ordination lange auf die Rückfahrt warten müssen, nicht antun.

Die Vermutung, die manche äußern: Es geht ums Geld. Weil zwei Fahrten zweimal Gebühren bringen, beim Warten aber nur einmal die Leistung verrechnet werden kann. Aber – das sind nur Vermutungen. Wahrscheinlich.



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3 Antworten zu Wien-Brigittenau: Polizei „stürmt“ Urologen-Praxis

  1. Elisabeth Plucnar sagt:

    Als Ordinationshilfe von Herrn Dr. Friedrich K., habe ihren Artikel im Internet gelesen und möchte mich bei ihnen herzlichst für den wahrheitsgetreuen Bericht bedanken. Es war mir, genau so wie meinem Chef, auch nicht gleichgültig. Es sind sehr viele harte und für mich unverständliche Aussagen von einem ganz jungen Sanitäter gefallen, die mich persönlich sehr berührt haben. Nochmals herzlichen Dank für ihren wahrheitsgetreuen Artikel.

  2. Hans Rauschmeier sagt:

    Das Problem wurde schon mehrfach beobachtet, dass Patienten einfach in der Ordination abgeliefert und über Stunden auch nicht mehr abgeholt wurden. Wir akzeptieren das nur noch, wenn es sich um eine Erstkonsultation handelt, nicht jedoch bei Kontrollvisiten, bei denen z.B. ein Kontrollultraschall+Blutabnahme+Katheterwechsel erforderlich ist. Und, wie bereits angeschnitten, diese Pat. werden im Sinne der erforderlichen Einsatzbereitschaft der Rettungsteams natürlich bevorzugt behandelt!

  3. Skia sagt:

    Spät entdeckt, trotzdem muss man dazu einiges klarstellen:

    Wieso bestellen Ärzte Patienten in ihre Ordination, wenn sie diese dort nicht betreuen können. Wenn man nicht gehfähige Patienten zu sich bestellt , sollte man eben auch Rollstühle zur Verfügung stellen. Wenn man Patienten zu sich bestellt, die auf Sauerstoff angewiesen sind, muss man eben auch eine Sauerstoffflasche in der Ordination haben. Usw…
    Wenn man das nicht kann, sollte man Patienten weiter verweisen, eben auch in eine Ambulanz. Dort steht nämlich alles zur Verfügung. Dies allerdings von Anfang an und nicht erst wenn das Sanitäter Team nicht warten kann. Im Übrigen ist die Verweigerung des angesprochen „Stempels“ eine ziemlich unvernünftige Drohung, denn die einzige Folge daraus ist, dass die Krankenkasse die Übernahme der Transportkosten verweigert und der Patient eine (hohe) Rechnung bekommt.

    Das Sanitäter nicht von Haus aus auf Patienten warten können, ist allgemein bekannt. Dies entscheiden aber nicht die Teams, die Patienten in die Ordination bringen. Sondern die jeweilige Leitstelle! Und auch diese entscheidet darüber nicht aus Jux und Tollerei. Denn nur diese weiß ob in der Nähe des Abgabeortes ein Folgetransport, Blaulichteinsatz, oder sonstige Arbeit für die Sanitäter anfällt. Den Sanitätern ist doch komplett egal, welchen Pat sie transportieren.

    Wenn der Folgeeinsatz zum nächsten Würstelstand führt ist das vermutlich in der 30-45 minütigen Pause eines Sanitäters im 12 Stunden Dienst. Denn sonst sind die Autos, die sowohl Krankentransporte als auch Notfalleinsätze fahren, ohne Pause auf den Strassen unterwegs.

    Und ums Geld geht es wohl eher den Ärzten, die Patienten nicht weiter verweisen.
    Die Sanitäter selbst bekommen ein Fixgehalt, egal ob sie 10 oder 20 Transport/Einsätze am Tag absolvieren.
    Die Organisation bekommt ebenso gleich viel Geld, denn es werden immer 2 Transporte verrechnet.

    Mit der Bitte um Verständnis für beide Seiten,
    ein ehemaliger Sanitäter und zukünftiger Arzt

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