Egal ob analog im Beisl oder virtuell in „facebook“: Ausgrenzen scheint den meisten Menschen leichter zu fallen, als „abgrenzen“.
Es war bei einer Geburtstagsfeier eine ranghohen Polizeioffiziers in Wien, zu der auch der Chef der Freiheitlichen eingeladen war. Beim Buffet, mit Zigarette und Wein, bekannte der nunmehrige Stimmengewinner der 27%-Partei offen: „Wer austeilt, muss auch einstecken können“.
Im Austeilen sind Herr Strache und seine Mannen sehr geübt, beim Einstecken schon weniger. Das zeigen die zahlreichen wehleidigen Kommentare deutlich, die selbstüberschätzend eine Regierungsbeteiligung der Blauen in Wien einfordern. Der intellektuellen Leistungsfähigkeit entsprechend fordern nun die Anhänger der selbsternannten „Heimatpartei“, die sich auch durch ihre Teilleistungsschwäche in halbwegs korrekter Rechtschreibung auszeichnen, politische Funktionen ein, als wären sie die an Stimmen stärkste Fraktion.
Es ist zwar das gute Recht einer Minderheit, sich laut zu artikulieren, dennoch ist es richtig, die Omnipotenzphantasien ein wenig zurecht zu stutzen. Denn manche der Ankündigungen, die von den rechtspopulistischen Funktionären geäußert werden, lassen nichts Gutes hoffen. Vor allem dann nicht, wenn traditionell Antiklerikale plötzlich das Christentum entdecken, um zu einem „Kreuzzug“ gegen die Feinde aus dem Orient zu Felde zu ziehen. Die man, glaubt man den Argumenten, ja schon lang im eigenen Land haben soll.
Auch Vertreter der Grünen zeigen sich mitunter extrem dünnhäutig, wenn ihren Meinungen widersprochen wird. Das muss wohl am Selbstverständnis der meisten liegen, die sich politisch engagieren oder zumindest äußern. Da greift man auch gerne in jene rhetorische Trickkiste, die man – zu Recht – den Rechtspopulisten und Rechtsradikalen vorwirft. Zum Beispiel die Verunglimpfung des Namens eines Journalisten, der einen Kommentar schreibt, der eben kontroversiell zum Bild der Grünen ist.
Auch ÖVP- und SPÖ-Wähler neigen zu flotten Sprüchen, solange sie nicht gegen sie selbst gerichtet sind. Noch immer scheint in manchen Köpfen nicht angekommen zu sein, dass die Zeit der Heimwehr und des Schutzbundes der Vergangenheit angehören. Beide Fraktionen sind mittlerweile in beinahe allen Bereichen austauschbar geworden. Kleingewerbetreibende haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen, gleichgültig, ob sie in einem rot oder schwarz regierten Bundesland ein Unternehmen gründen wollen. Arbeitnehmerrechte werden von beiden Fraktionen vertreten, wobei die ÖVP eher ihr Klientel bei Beamten vertritt und die SPÖ im Bereich der staatsnahen Betriebe.
Um die oft gefeierten „neuen Unternehmer“, in der Realität meist dem Prekariat angehörende „Heimarbeiter“, kümmern sich Rot und Schwarz gleichermaßen – nicht. Im Gegenteil, diese Form der Beschäftigung haben beide Fraktionen erst möglich gemacht. Und nützen dies kostensparend für die eigenen Belange.
Was nun fehlt, ist ein verantwortungsbewusster Gebrauch in der Politik. Denn nicht alle Wähler sind in der privilegierten Situation, ein wenig hinter die Kulissen der politischen Bühne blicken zu können. Dort werden nämlich manche innerparteilichen Feindschaften viel brutaler ausgefochten als jene zwischen politischen Gegnern in der Öffentlichkeit. Vor allem in Zeiten von Wahlkämpfen und Koalitionsverhandlungen.
Sehr geehrter Herr KREUZIGER
Ich bin durch einen Link im Standard Forum auf Ihr Blog aufmerksam geworden und habe mit großem Interesse einige Blogbeiträge gelesen.
Ich muss Ihnen dazu ein Kompliment aussprechen. Es ist selten, dass jemand versucht, das Tagesgeschehen neutral (im positiven Sinne von parteipolitisch „unvorbelastet“) und rational zu analysieren.
Ich teile Ihre Kritik an den Rechten als auch an den Linken völlig. Beide Gruppierungen malen Schwarz-Weiß und hetzen. Die „Rechten“ gegen Ausländer, die „Linken“ mit der Nazi Keule gegen alle, die nicht ihrer Meinung sind. Toleranz und Respekt vor der Meinung der anderen beweisen Vertreter beider Gruppen in den seltensten Fällen. Es dürfte einigen Menschen gar nicht bewusst sein, dass Aussagen wie „alle Österreicher/Deutsche sind Nazis oder xenophob“ selbstredend genau so rassistisch sind, wie Pauschalurteile/Vorurteile über Juden, Zigeuner oder Schwarze. Es ist erstaunlich, dass gerade auch die „linke Intellektuelle“ sich über diesen offensichtlichen und augenscheinlichen Zusammenhang nicht im Klaren zu sein scheint.
Ist dieses Blog eigentlich „privat? Schreiben Sie (auch) für eine Zeitung?
Beste Grüße
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