Herr Manfred Klimek hat recht, irgendwie. Aber auch nicht.

Ãœber die Vorgeschichte wurde ja schon berichtet, und auch gesudert: Kollege Ed Moschitz hat eine Dokumentation über zwei unterpriviligierte, unterbehaarte und intellektuell einfach strukturierte Burschen gedreht, die sich als Ausländerfeinde sehen. Diesen wurden, um „Persönlichkeitsrechte abzugelten“, ein paar hundert Euro ausgehändigt, sie wurden im Team-Bus des ORF zu den Drehplätzen mitgenommen und man hat ihnen Textilien  gekauft, die man in der Szene der Rechtsrechten trägt.

Das ist nicht mehr grenzwertig, das ist einfach unprofessionell. Ebenso wenig professionell, wenn auch nachvollziehbar, ist das Faktum, dass man diese jungen Rechtsrozzer zu einer Wahlkampfveranstaltung des Herrn Strache geführt hat. Um zu sehen, wie und welcher Dialog sich zwischen dem Herrn, der gerne Bürgermeister von Wien werden würde, und den Glatzköpfen entwickelt und dies zu dokumentieren.

Jedenfalls hat der Herr Strache, der mühsam seine alten Autogrammkarten unters Volk zu bringen bemüht war, mitbekommen, dass ein Fernsehteam diese jungen unterprivilegierten Männer begleitet und mit ihnen scheinbar vertraulich kommunizierte. Da hat der Herr Strache dann Stimmen gehört, die Verbotenes gerufen haben sollen, er und seine Fraktion haben dies entsprechend medienwirksam verbreitet und Staatsanwalt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und andere sind aktiv gewordenen. Gegen den ORF, gegen Ed Moschitz und gegen das Redaktionsgeheimnis.

Auch die vorläufige Weiterentwicklung ist bekannt: Der ORF hat ein Drehband versiegelt. Der Staatsanwalt hat der Exekutive den Auftrag erteilt, das gesamte Drehmaterial „sicherzustellen“. Johannes Fischer, der verantwortliche ORF-Chef hat die Herausgabe verweigert, und sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen, das durch unsere Gesetze ohnehin sehr eng eingegrenzt ist. Der Staatsanwalt hat angeblich mit „Beugestrafen“ gedroht. Gegenseitige Klagsdrohungen wurden ausgesprochen: ORF-Mitarbeiter gegen Strache, Strache gegen ORF-Mitarbeiter…

Auf der Plattform „facebook“ wurde eine eine Gruppe gegründet, die „Solidarität mit Eduard Moschitz (Am Schauplatz) !“ heißt, und der sich aktuell 821 Menschen angeschlossen haben. Dieser Gruppe hat sich Manfred Klimek, prominenter Pressefotograf, nicht angeschlossen. Weil er die Vorgangsweise von Ed Moschitz als unprofessionell und die Branche in Verruf bezeichnet.

Da hat Manfred Klimek teilweise recht. Das alleine ist sicher nicht für alle der Unterzeichner ein Grund, sich zu solidarisieren. Allerdings geht es um ber den Solidaritätserklärungen bereits wesentlich mehr als um das patscherte Vorgehen des Kollegen. Es geht  darum, wie und wie schnell Behörden aktiv werden, wie und wie schnell eine politische Partei des rechtsrechten Spektrums zu Informationen kommt, um diese via Presseaussendung zu verwerten und mit welchen Methoden welche rechtsstaatlichen Grundsätze interpretiert werden. Zum Beispiel das der Pressefreiheit.

Es darf vermutet werden, das es nur ein juristischer Schachzug sein dürfte, Ed Moschitz seitens der Behörden als „Anstifter“ zu beschuldigen, um eine rechtliche Handhabe für die Beschlagnahme des Drehmaterials zu haben. Denn als „Verdächtiger“ fällt der Schutz durch das Redaktionsgeheimnis weg. Ebenso wie die Immunität von Abgeordneten. Gegen diese gummiartige und hinterfragenswerte Gesetzesauslegung der Behörden kann man sich mit dem Kollegen Ed Moschitz solidarisieren. Denn hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. In diesem Punkt hat Herr Manred Klimek unrecht.

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Schlagworte: Angst, Ed Moschitz, facebook, FPÖ, Gesetz, Justiz, ORF, Politik, Polizei, Wahlkampf,

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3 Antworten zu Herr Manfred Klimek hat recht, irgendwie. Aber auch nicht.

  1. robert zolles sagt:

    die dokumentation (!) als theaterstück zu inszenieren, statisten und staffage einzukaufen und als souffleur zu agieren, zeugt nicht nur von unprofessionellem, sondern auch von unverantwortlichem handeln.

    die chance vor augen, einen heil-hitler-ruf mit strache vor laufender kamera als pulitzerpreis-verdächtige arbeit vorweisen zu können, hat ED wohl alle journalistische ethik fallen gelassen.

    egal ob in der beurteilung strache-rechtsextreme falsch oder nicht – ich muss manfred klimek vollkommen recht geben. diese inszenierte wahrheit überschreitet alle grenzen der journalistischen berichterstattung und bietet jene angriffsfläche, die von FPÖ mit allen mitteln ausgenutzt wird und zur verunglimpfung des gesamten journalistischen berufsstands (film, foto, text) führt.

    schlagt nach bei hitler-tagebüchern, nazis in england und vielen anderen versuchen, journalistik zu „produzieren“

  2. @robert zolles:

    1. ist in den medien in den vergangenen tagen sehr ausführlich dargelegt worden, dass man für dokumentationen an einer gewissen art von „inszenierung“ nicht vorbeikommt – das muss jedem bewusst sein, dass schon alleine die anwesnheit einer kamera nicht in dem masse „realität“ sein würde, wie wenn sie nicht dabei ist.

    Tatsache ist aber, dass die Gezeigten auch selbst das von dir „Staffage“ genannte eingekauft hätten bzw. Ähnliches sogar schon daheim haben.

    Und im Interview mit der APA hat Neonazi „Philipp“ klar gelegt, was „inszeniert“ war und was nicht – und es lingt aus meiner Sicht glaubwürdig.

    2. die Sache mit dem „Heil Hitler“ – Ruf ist nach wie vor nicht bewiesen, und wäre aus meiner sicht auch recht unglaubwürdig bzw. sinnlos. Vor allem wenn man die Doku, wie die offensihtlich nicht, gesehen hat: da würden solche Rufen aber sowas von ÃœBERHAUPT NICHT hinein passen: schließlich gehts in der gesamten Doku viel mehr um die Hintergründe, warum die beiden Skins so geworden sind, wie sie sich geben, ihre soziale Situation etc.

    @alle:

    kann mich bitte jemand aufklären, wer manfred klimek ist, und wo und warum er seinen senf zu der sache abgegeben hat? konnte keinen link zu einem blog oder zeitungsartikel o.ä. finden.

  3. Freddy Rabak sagt:

    Guter Artikel! Eine Exclusiv-Story zum Thema! Ist aber kein Schwachsinn! 😉
    http://radio-schwachsinn.blogspot.com/

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