Freie Fotografie: angeblicher Kompromiss ist hinterfragenswert

Laut Meldung der Austria Presseagentur ist beim Kampf um die Freigabe des Fotografengewerbes angeblich ein Kompromiss erzielt worden. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus: Das klingt genauso wie „ein bisserl schwanger“…

Die geplante Änderung der Gewerbeordnung soll einen leichteren Zugang zum Fotografengewerbe bringen, allerdings mit noch unklaren Hürden. © Christian M. Kreuziger

Christoph Matznetter jubelt auf Twitter: „Allen Unkenrufen zum Trotz war eine einvernehmliche Lösung mit Liberalisierung UND Erhalt des Handwerks mit Lehre möglich!“ Der Standard zitiert eine Meldung der Austria Presseagentur, bei der das vorläufige Verhandlungsergebnis ein wenig differenzierter klingt: „Grundsätzlich soll das Berufsbild des Berufsfotografen bestehen bleiben. Der direkte Weg dorthin führt über Lehre und Meisterprüfung. Alternativ wird künftig auch die Ausbildung an den Grafischen Lehranstalten in Wien und Graz oder ein Studium an der Angewandten anerkannt, falls parallel dazu eine kaufmännische Zusatzqualifikation erfolgt oder die Unternehmensprüfung abgelegt wird.“

Was jenen, die bereits über einen Teilerfolg jubeln, allerdings zu denken geben sollte: Laut Aussendung können jene Fotografen, die ihr Gewerbe anmelden oder bereits als Pressefotografen angemeldet haben, nach drei Jahren einen Antrag auf Zulassung als „Berufsfotograf“ stellen dürfen.

Das klingt irgendwie nach Mogelpackung, die weiterhin vor allem manche „Fotografenmeister“ vor dem freien Wettbewerb schützen soll, die bereits jetzt hinterfragenswerte Qualität an Konsumenten liefern. Denn die künftig „freien Fotografen“ dürfen zwar ihren Kundenstock um Firmenkunden erweitern, die nicht nur aus der Medienlandschaft kommen, Hochzeiten oder Businessportraits für Bewerbungen bleiben weiterhin den Meistern und Vollfotografen vorbehalten.

Da allerdings der genaue Text der Gesetzesvorlage noch nicht formuliert ist, halten sich die Mitglieder der Initiative „Freie Fotografie“ noch mit lobenden Kommentaren zurück. Zurecht, wie man als gelernter Österreicher weiß. Denn in die exakten Formulieren werden die Kammerfunktionäre und Innungsvertreter fleißig ihre potentiellen Fallen hineinreklamieren, um den Zugang zu erschweren.

Geplant ist auch, die Berufsausbildung jener Institutionen anzuerkennen, die derzeit noch ignoriert werden: Universitäten, Fachhochschulen oder auch private Institute. Das wird vor allem jenen Meister aus Niederösterreich freuen, der um knapp 15.000 Euro eine Ausbildung anbietet, die auf die Gesellen- oder Meisterprüfung vorbereiten soll. Soferne er seine „Fotografenschule“ in der Liste der anerkannten Ausbildungsstätten positionieren kann.

Insider, die an den Verhandlungen teilgenommen haben, berichten, dass ursprünglich überhaupt nicht an Erleichterungen für den Zugang gedacht worden sei. Da hätten sich die schwarz-roten Vertreter der Wirtschaft, Konrad Steindl (ÖVP) und Christoph Matznetter (SPÖ), bereits verständigt gehabt. Was wenig wundert, denn der Zugang der schwarzen und roten Innungsfunktionäre zu den Spitzenpolitikern ist eben einfacher als jener, die für eine Freigabe des Gewerbes eintreten.

Dass auch die Grünen nun kräftig parteipolitisch mitspielen, war ebenfalls zu erwarten. So bezeichnet der Sprecher der Grünen Wirtschaft, Volker Plass, die als Kompromiss bezeichnete Absichtserklärung als „typisch österreichische „Pfusch-Lösung“, die zeigt, dass nicht um Qualität, sondern um Abschottung des Marktes geht.“

Bemerkenswert ist auch die Absicht, dass Absolventen von anerkannten Fotoschulen oder Akademien für das künftige Vollgewerbe eine kaufmännische Ausbildung oder die „Unternehmerprüfung“ vorweisen müssen, um legal arbeiten zu dürfen. Das müssen nämlich jene nicht, die ein Gewerbe als Lobbyist anmelden. Obwohl es, wie die Medienberichte der letzten Monate zeigen, in dieser Branche um viele Millionen geht.

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Schlagworte: Österreich, Christoph Matznetter, Fotografie, Gesetz, Gewerberecht, Innung, Konrad Steindl, Medien, Meister, Photographie, Politik, Pressefoto, Volker Plass, Werbung, Zwangsbeglückung,

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8 Antworten zu Freie Fotografie: angeblicher Kompromiss ist hinterfragenswert

  1. Da müssen wir wohl noch ein wenig abwarten, wie der Kompromiss genau formuliert sein wird.
    Eine „Unternehmerschulung“ finde ich auch sinnvoll – im Sinne des Unternehmers.
    Was mich verstört, ist dass zwar ein Firmenstock aufgebaut werden darf, aber keine Businessportraits gemacht werden dürfen.
    So gesehen vermute ich auch, dass mal wieder ein typisch österreichischer Schmarrn raus kommt …

  2. ein pressefotograf braucht aber keinen nachweis einer kaufmännischen oder unternehmerprüfung . . . .
    oder wie ???
    das ganze ist ein abgekartetes spiel und ich bin als altlinker 68er fast wieder gewillt mit demonstrationen und besetzungen mit einigen mitstreitern für aufsehen zu sorgen . . . und mal die herrn munter zu machen die über UNS entscheiden, nach IHREM willen . . . . und nicht dem des wählers, denn jeder der den zugang will ist nun auch wähler . . . und es sind nicht wenige die drauf warten . . .
    die ungerechtigkeit, die einem österreicher gegenüber den anderen eu-bürgern widerfährt ist in meinen augen ein frechheit, jeder eu-bürger mit gewerbeschein kann auch in österreich sein handwerk ausüben, nur wenn er in östeerreich als österreicher zu hause ist, dann darf er nicht . . . .
    wann erwacht das volk mal und verpaßt den etablierten einen denkzettel, aber nicht grad mit den rechten !!

  3. wauwau sagt:

    Fotografie: Ein Berg kreißte, und eine Maus ward geboren.

    Dazu erklingt der zweistimmige Proporz-Jodler in Kammer-A. Das frech-atonale Gekreische der Unzufriedenen verhallt langsam, und über allen rotweißroten Zwergenzipfeln ist Ruh‘.

    Über allen?
    Nein, denn ein Unbeugsamer hört nicht auf, den Kämmerern Widerstand zu leisten 🙂

    Möge das Gesudere nie verstummen!

  4. Michaela sagt:

    Ich bin eine Slowakin die nach Österreich von 3 Jahren umgezogen ist. In der Slowakei habe ich einen Akkreditierten Studium zum Kommerziellen Fotograf gemacht (entspricht Berufsfotografen in Österreich). Doch die Analoge Entwicklungsprozess war in der Schule ausgelassen, falls das etwas altes ist, was heutigen Tagen niemand benutzt (vielleicht außer Kunstfotografen die spezielle Effekte damit erzielen wollen)… Trotzdem finde ich das Studium viel umfangreicher als z.B. Wifi´s Forbereitungskurs für Meisterprüfung. Außerdem kostet das so viel Geld, dass ich es einfach nicht leisten kann… Allerdings, wenn ich beim regionalen WK war, wurde mir gesagt, dass ich wegen genau diese Analoge Fotografie nicht fotografieren darf, aber dass ich mit Slowakischen Gewerbeschein Fotografieren kann….. Ich will aber Steuer und Abgaben in Österreich bezahlen, weil ich hier lebe!!!!! Ist dieses Antwort nicht merkwürdig?
    Und zweitens… ich habe von viele meinen Slowakischen Fotografie-Kollegen gehört, dass es muss leicht für mich sein sich durchzusetzen, seit die Österreichischen Hochzeitsfotografen machen Bilder als wir vor 20 Jahren… Heute ist es dank Internet so leicht sich die modernsten Foto-Trends von ganzen Welt anzuschauen, und trotzdem dürfen die talentierte Hobby-Fotografen nicht die Konkurrenz zum Berufsfotografen werden und die Verbesserungsmöglichkeit dadurch zu fördern… Als Berufsfotograf in Österreich muss man sich nicht mehr entwickeln… das Einkommen ist gesichert…. (Entschuldigung für meinen Deutsch, ich bin nur 3 Jahre hier…es wird immer besser 🙂

  5. David sagt:

    Im Endeffekt wurde die Benachteiligung für Quereinsteiger jetzt auf „nur 3 Jahre“ reduziert (die Vorstellung, zigtausend-Euro-Werbekampagnen fotografieren zu dürfen, aber „aus Qualitätsgründen“ keine Bewerbungsfotos, ist schon absurd).

    Hat eigentlich noch keiner in der Sache den Weg zum EUGH gewagt oder ist der hier aus irgendwelchen Gründen nicht möglich?

  6. Es wird immer Diskutiert aber die Lösungsansätze zu finden wird noch immer der Politik überlassen… wenn wir mehr direkte Demokratie wollen müssen wir uns auch mit einem >>Direkten<< Lösungsansatz beschäftigen und den dann, möglichst ohne die Kompromissbildung der Politik (bzw. Parteienkalkül) zu überlassen es in die derzeitige Gesetzgebung einbauen.

    Kompromissbildung ala Liquid Feedback der Piratenpartei Deutschland fördert die Kompromissbildung auf Bürgerebene.

    Mein Lösungsansatz wäre es die Meisterprüfung als Zusatzqualifikation zu verankern aber alle Gewerbe prinzipiell frei Zugänglich zu machen. – So kann jeder Arbeitgeber/Mensch frei wählen ob er einen "alten" Meister oder einen jungen aufstrebenden Künstler für seine Dienstleistung nutzen will.

    Qualität in der Fotografie ist für mich durch Ausbildung förderbar, diese muss aber nicht nur in einer Lehre stattfinden, das wäre in unserer heutigen hochvernetzten Gesellschaft ja schon fast lachhaft… Google oder Youtube verraten innerhalb weniger Stunden audiovisuell die Grundlegendsten Erkenntnisse der Fotografie und man erfährt auf als kompletter Neueinsteiger, wenn man will, viel über Fotografie. Das und die laufend höhere Verfügbarkeit von Kameras und Zubehör bei niedrigeren Kosten haben in meinen Augen dazu geführt, dass immer mehr, nicht nur junge leute Fotografie aktiv in ihrem Lebensalltag (Hobby) betreiben und laufend verbessern (Equipement und Knowledge).

    Wenn dieser Personenkreis dann sein Können (wie gut es auch sei) der Gesellschaft der Verfügung stellen will und dabei legal Geld verdienen und in Österreich Steuer zahlen will, wird er dabei behindert!

    Wir sind doch eine freie Marktwirtschaft oder?
    Der Markt für Fotografiedienstleistungen ist meines Erachtens überhaupt nicht frei!
    Die Dienstleistung Hochzeitsfotografie ist nur ein Beispiel… hier sperrt man kategorisch die Leute aus die sich diese Ausbildung nicht leisten können/wollen.

    Ich verstehe nicht wie man in einem KUNSTHANDWERK (das Fotografie für mich darstellt) so intollerant gegenüber Konkurrenz ist. Insofern man ja „eh“ eine „bessere“ und „fundiert-analoge“, „hochgestochene“ Meisterriege ist die Qualitativ so alles unter den Newcommern abräumt. Nur weil irgendwer lieber weniger Geld für ne geil fotografierte Hochzeit zahlt? ehrlich? Ihr macht euch nur sorgen um die Qualität…? Nur zur Info: Wikipedia ist auch nicht nur von Universitätsprofessoren geschrieben 😉

    Ich forder deshalb: Freien Zugang zum Fotografiedienstleistungsmarkt für jeden Bürger!

    Natürlich sollte jeder Marktbesucher die Fähigkeiten des Fotografen im vorhinein durch Zusatzqualifikationen von Organisationen (können Kursbestätigungen = Titel, etc. vergeben) und Anerkennung bzw. Beliebtheit in der Community feststellen können.

    Idee zur Community Plattform:
    Zum Beispiel können die Bürger die die Dienstleistung in Anspruch genommen haben diese anonym bewerten. Außerdem könnten alle Werke eines Künstlers auf einer offenen durch Creative Commons geschützen Platform
    => Marketplace/Homepage eines Künstlers auf der seine Werke bewertet, angesehen, heruntergeladen oder als Druck gekauft werden können. Kommunity verlinkt seine Bilder mit Verweis an Urheber. Will ein Kunstwerk komertiell genutzt werden muss Kontakt mit dem Künstler aufgenommen werden oder ein gelisteter Preis gezahlt werden. So findet eine vollkommen kostenfreie Verbreitung mit Evaluierung statt, die aber eine komertielle Nutzung mit Beteiligung für den Fotografen vorsieht.

    Ich kenn mich in Jus nicht so aus aber wie gewährleistet man freien Zugang zum Fotografiedienstleistungsmarkt für jeden Bürger? Welche Paragraphen sind betroffen? (Links tuns auch)

    lg hanselberry

  7. retro sagt:

    Wenn ich das richtig verstanden habe wird die neue regelung: pressefotograf/fotodesigner genannt.
    Das beinhaltet : B2B shoots fuer werbung, unternehmen, businessfotos,eventshoots etc, keine fotos an privatpersonen!

    Ist das richtig?

    Meine frage dazu: wann tritt dieses gesetzt in kraft?
    Und kann jeder das freie gewerbe anmelden, aehnlich: presseausweis/ oder der gibt es eine individuelle befaehigung (pruefung) fuer den fotodesigner!!!!!

    Wenn mir die frage jemand beantworten koennte waer toll.

    Thx retro

  8. Manuela sagt:

    Das Gesetz ist am 15. September 2012 in Kraft getreten. Jede/r kann das Gewerbe anmelden, sofern es keine Ausschlussgründe gibt (Vorstrafen, Konkurs, was weiß ich…). Und was eine Frechheit ist: es gibt keine Pressefotografin, auch auf dem Ausweis nicht. Obwohl das heutzutage ein Klacks wäre. BTW, der Produzent des Ausweises ist ein Meister seines Faches, ich hätte genauso gut einen schwarzen Kreis als Foto einschicken können, dann hätte er nicht viel anders ausgesehen.

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